Iii. Juto dev feiert Zeit.
1. Einfall -er Litthauer.
Zu der Zeit, als die anhaltinischen Markgrafen ausstarben, herrschte große Unruhe im deutschen Reiche. Nach Heinrich Vii. Tode schritten die Fürsten zur Wahl eines neuen Königs, konnten sich jedoch nicht einigen. So kam es, daß die eine Partei Friedrich von Östreich, die andere Ludwig von Bayern wählte, zwischen denen das Schwert entscheiden sollte.
In der Schlacht bei Mühldorf siegte Ludwig und nahm seinen Gegner gefangen. Dieser saß lange in dem Schlosse Tranßnitz; da erbot sich Ludwig, ihm die Freiheit zu geben, wenn er seine Verwandten bewegen könnte, die Waffen niederzulegen und sich ihm zu unterwerfen. Friedrich war damit einverstanden und machte sich aus den Weg in seine Heimat. Aber es gelang ihm nicht, Frieden zu stiften. Da kehrte er, der deutschen Treue eingedenk, in die Gefangenschaft zurück. Ludwig aber war fo gerührt von der Treue feines Gegenkaisers, daß er ihn fortan wie seinen Freund hielt, ihm die Freiheit schenkte und mit ihm die Geschäfte der Regierung teilte. —
Als er nun alleiniger Herr in Deutschland geworden war, gab er die Mark Brandenburg seinem Sohne Ludwig dem Älteren, wodurch er sich aber zahlreiche Gegner erweckte, denn die Nachkommen Albrechts des Bären herrschten noch in Sachsen und Anhalt und hielten sich für die rechtmäßigen Erben der märkischen Lande. Der erbittertste Feind des Kaisers aber war der Papst, welcher ihm die Anerkennung verweigerte und ihn
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Vii Heinrich Friedrich_von_Östreich Friedrich Ludwig_von_Bayern Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Ludwig Ludwig_dem_Älteren Ludwig Albrechts
— 19 —
Land wagten, wurden viele zum Christentnme bekehrt und nahmen heimlich die Taufe. Und diese Umwandlung ging hier, wie auch sonst, zuerst mit den Vornehmen vor, während die Masse des Volkes noch längere Zeit in den alten Anschauungen beharrte. Wir finden in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts aus dein brandenbnrgischen Fürstenthrone einen Mann namens Pribislav; seine Gemahlin führt bereits den christlichen Namen Petrissa. Ihrem Einfluß war es zu danken, daß auch der Fürst sich dem Glauben an den Gekreuzigten anschloß. Aber ein offener Übertritt mußte vorläufig unterbleiben, weil die Maffe des Volkes dem alten Glauben noch anhing und da, wie heute in den polnischen Provinzen Luthertum und Deutschtum, damals Christentum und Deutschtum für identisch galten, so konnte ein Wechsel der Religion leicht den Thron, ja das Leben Pribislavs gefährden.
Da fügte es sich, daß zu derselben Zeit (1134) einem Manne die nordische Mark übertragen wurde, der entschlossen war, dieselbe in ihren alten Grenzen wieder herzustellen. Es war das Albrecht, aus dem Hause Anhalt, welchem schon die Zeitgenossen wegen seiner Tapferkeit und im bewußten Gegensatze zu feinem Gegner Heinrich dem Löwen den Beinamen „der Bär" gegeben hatten. Von großer politischer Einsicht, rücksichtsloser Energie und rastlosem Ehrgeize war er ganz der Mann, die Zeitumstände zu seinem Zwecke auszunutzen. Erobernd drang er über die Elbe in das Land der Brizaner (Priegnitz) vor und fügte dasselbe, dem Widerstände mit Feuer und Schwert entgegentretend, seiner Markgrafschaft wieder ein. Da er sich auch im Süden, an den Abhängen des Fläming, wo die Burg Belici (Belzig) erstand, festgesetzt hatte, so hielt er das Land des Pribislav, welches er von feinem Standpunkte aus mit Recht als zu seiner Markgrasschast gehörig betrachten durfte, von zwei Seiten umklammert. Hier lagen nun die Verhältnisse für feine Pläne so günstig, daß es verwüstender Heereszüge nicht bedurfte. Wahrscheinlich durch die Vermittelung des brandenbnrgischen Bischofs Wigger trat er mit Pribislav in Unterhandlung, und diese gedieh bald zu den hochwichtigen
2*
r
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Heinrich Heinrich Wigger
— 22 —
Albrecht eilte auf diese Kunde freilich fofort herbei, aber es gelang ihm nicht, die Feste sogleich zu nehmen. Erst als ihm deutsche Fürsten zu Hülfe kamen, konnte er sie von allen Seiten einschließen und ihr alle Zufuhr abschneiden.
Als nun Mangel an Lebensmitteln eintrat und eine längere Verteidigung der Burg unmöglich machte, übergab Jaczko dieselbe dem Markgrafen infolge einer Kapitulation und erhielt mit den Seinen freien Abzug. So berichtet eine beglaubigte Geschichte;*) die Sage aber erzählt:
„Es fand in der Gegend von Glienicke oder Pichelsdorf an der Havel zwischen Albrecht und Jaczko eine Schlacht statt. Heftig wurde auf beiden Seiten gestritten. Aber die Deutschen siegten, und der Wendenfürst kam in ein heftiges Gedränge, denn die Feinde trieben ihn immer näher an den Fluß, endlich auf eine Halbinsel, welche sich südlich von Pichelsdorf in die seeartige Havel herein erstreckt. Hier schien er verloren. Da sah er, wie sich ihm von dem andern Ufer her eine andere Halbinsel entgegen streckte; erreichte er diese, so war er gerettet. Seine heidnischen Götzen hatten ihm nicht geholfen; da betete er zu dem Christengotte und gelobte ihm, sich taufen zu lassen, wenn er ihn errette, spornte darauf sein Pferd und trieb es in den Fluß. Glücklich schwamm dieses mit dem Reiter hindurch. Als er die Spitze der Landzunge erreicht hatte, hing er Schild und Schwert an einen Baum, zum Zeichen, daß er dem Kampfe entsage. Seit der Zeit heißt der Ort das Schildhorn." König Friedrich Wilhelm Iv. hat dort zur Erinnerung ein Gedenkzeichen ausrichten lassen, einen aus Stein gehauenen Baumstamm mit einem Schilde aus Metall.
*) Heinrich von Antwerpen, Verfasser der Lintzkaner Chronik, welche Pnlkawa wörtlich in seine auf Wunsch Karl Iv. verfaßte böhmische Geschichte ausgenommen hat. Die Thatsache lehrt ein Blick in den Iv. Band des Riedel'schen Codex, wo beide freilich neben einander stehen, ohne daß huf das Verhältnis aufmerksam gemacht ist. Über die Benutzung anderer märkischer Chroniken durch Pulkawa vergl. meinen Aufsatz über „die märkischen Chroniken" in „Grundsteinlegung zum brandenburgisch-preußischen Staate. Berlin, Le Contre."
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Heinrich_von_Antwerpen Heinrich Karl_Iv Karl Le_Contre
109
die Flut des Brunnens plötzlich an emporzuwallen und stieg
immer höher und höher und verschlang die Stadt samt allen
Bewohnern; das Wasser aber trat weiter aus und bildete zuletzt
den großen Paarsteiner See.
Einige erzählen auch, die Stadt hätte sich noch über den
jetzigen See hinaus und zwar bei Pälitz vorbei in die Heide hinein
erstreckt. Auf dem Pälitzer Werder hat das Schloß gestanden, und
man kann noch die Spuren des Gemäuers dort sehen. Im Wasser
erblickt nran auch noch zuweilen bei hellem Wetter den Kirch-
turm und hört das Läuten der Glocken aus der Tiefe herauf.
Wilhelm Schwartz
(Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg).
88. Woher Strausberg seinen Namen hat.
Die Stadt Strausberg soll ihren Namen von dem Straus-
see, an dem sie liegt, haben, und der heißt so, weil er ganz die
Gestalt wie der Vogel dieses Namens hat. Man möchte zwar
meinen, daß die langen Beine fehlen; aber auch die sind da, wenn
man nämlich die beiden alten Gräben ansieht, die an der Stadt sind.
Wie nun auch der Name der Stadt entstanden sei, vom
Vogel Strauß soll er, wie alle Strausberger sagen, bestimmt her-
stammen. Denn auch Angelus, der daher gebürtig war, erzählt
in seinen märkischen Annalen: „Etliche Haltens dafür, daß Straus-
berg den Namen habe von dem großen ungeheuern Vogel Strauß
und sagen, daß an dem Orte der Stadt, dem man eine lange
Zeit bis nun hero den Buchenhorst genennet, viele große ge-
waltige Buchbäume gestanden, darin sich der Vogel Strauß ge-
halten habe."
Rudolf Schmidt
(Sagen und Geschichten aus Barnim und Uckermark).
87. Koboldgeschichten von Strausberg.
Es soll in Strausberg noch vor kurzer Zeit manchen gegeben
haben, der einen Kobold hatte und durch ihn ein reicher Mann
geworden ist. Aber in früheren Zeiten ist die Anzahl solcher
Leute noch viel größer gewesen. Da war auch einmal ein Weber,
der immer vollauf zu tun hatte. Wenn er nun die Arbeit abends
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_Schwartz Wilhelm Rudolf_Schmidt Rudolf
88
ohne Groll auf die Vorteile und Auszeichnungen, welche die Franzosen fanden, von denen wohl hier und da einer den Pionier der Kultur im Barbarenlande allzu fehr herauskehren mochte. Es fehlt nicht an Beispielen, da sich die Mrker der Einsetzung der Franzosen mit Gewalt zu widersetzen strebten.
Auch in dem Heere war die Bevorzugung, welche die Fran-zosen hier offenbar fanden, die Ursache groer Erbitterung. Der Kurfürst Friedrich Wilhelm fate, als der greise Derff-linger ihm nicht mehr ausreichende Garantie fr die oberste Leitung des Kriegswesens zu bieten schien, den Entschlu, ihm einen zweiten Generalfeldmarschall zur Seite zu stellen, was der alte Held bitter genug empfand. Die Mistimmung aber teilte sich dem Heere mit, als er zu dieser Stelle nicht einen seiner mrkischen Generale, sondern einen Franzosen ausersah. Der Marschall Schmberg*) war ebenfalls seiner Religion wegen vertrieben worden, erschien darauf in Berlin und erhielt hier den Oberbefehl der alle brandenburgischen Truppen. Nicht genug damit, auch zwei seiner Shne wurden bald darauf als Generale eingestellt. Zahlreiche franzsische Edelleute, die ihm vorausgegangen waren oder ihm folgten, wurden in zwei Kompagnieen Grands Housquetaires und in eine Kompagnie Grenadiers cheval zusammengestellt, zu denen unter Kur-frst Friedrich noch eine Kompagnie Grands Housquetaires, aus deutschen Edelleuteu gebildet, hinzutrat. Alle rechneten zur Leibgarde. Schmberg selbst gehrte brigens der preuischen Armee nur kurze Zeit an; er fhrte die Truppen, welche Wil-Helm von Oranien den englischen Thron erobern halfen und trat dann in den englischen Dienst der. Allein die mit scheelen Augen angesehenen, weil begnstigten Franzosen blieben. Es kam soweit, da die deutschen Garden dem franzsischen Fhrer die Honneurs versagten, was die franzsischen dann Schning vergelten lieen, wenn er an der Spitze der deutschen Garden erschien. In dieser hlichen Spaltung des Heeres
*) Auch Schonberg oder Schnburg genannt, was doch wohl auf seine ursprnglich deutsche Abkunft schlieen lt.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Friedrich Schmberg
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Grands_Housquetaires Schonberg Schnburg
180
ziere; vier Generale waren tot oder schwer verwundet; auch Seydlitz blieb lngere Zeit kampfunfhig. Man vermite 167 Kanonen, 15 Haubitzen, 26 Fahnen und 2 Standarten.*)
Doch auch die Feinde hatten sehr schwer gelitten; Soltikoff giebt seinen Verlust in einem Briefe an seine Kaiserin aus 16000 Mann an und fgte hinzu, da der König von Preußen seine Niederlage schwer zu erkaufen pflege. Noch ein solcher Sieg," sagte er nach der Schlacht, und ich werde die Bot-schaft allein mit dem Stabe in der Hand nach St. Petersburg bringen mssen."
Friedrich lagerte am linken Oderufer nahe bei Reitwein mit 12000 Mann, die er wieder um sich vereint hatte, dann zog er sich in die Gegend von Frstenwalde zurck, um Laubon, der ebenfalls der die Oder gegangen war, den Weg nach Berlin zu verlegen. Denn er frchtete, seine drei Hauptgegner, Laudon, Daun, Soltikoff wrden sich auf die Residenz in Be-wegnng setzen. Allein Daun wagte das nicht, und der Russe erklrte den Ostreichern, er habe nun zwei Schlachten gewonnen und darin 27000 Mann verloren, er werde jetzt abwarten, bis seine Verbndeten ebenfalls zwei Siege errungen haben wrden; es sei wider alle Billigkeit, da die Truppen seiner Gebieterin die ganze Arbeit allein verrichten sollten.
Daher konnte Friedrich am 6. September an seinen Bruder schreiben, da dem Hause Brandenburg ein Mirakel begegnet sei, denn der Feind, welcher die Beendigung des Krieges in seiner Hand gehabt, sei nach der Lausitz gegangen und er selbst
*) Geschichte des 7jhrigen Krieges von Arnold Schfer. Ii. Band. Berlin, Hertz. der den Gang der Schlacht bei Kunersdorf herrscht volle bereinstimmung noch nicht. So urteilt ein neuer Bearbeiter der Ge-schichte Friedrichs d. Groen, Professor Oncken: Der König ist zu keiner Stunde Herr des Kuhgrundes gewesen, ohne den er weder den Mhlberg behaupten, noch den Spitzberg erobern konnte. Folglich kann auch fr ihn nicht in Frage gekommen sein, ob er inne halten oder weiter fechten wollte." Vergleiche Tempelhoff S. 223 und v. Bernhardt, die Schlachten Friedr. d. Gr. I. 396. Hoffentlich bringt die Darstellung des preuischen Generalstabs die erwnschte Klarheit.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Arnold_Schfer Friedrichs Oncken Bernhardt
Extrahierte Ortsnamen: Petersburg Berlin Daun Brandenburg Berlin Friedrichs Mhlberg
auf bröckelndem Halligenland; durch den Dunst klingt das Ge-
schnatter ziehender Wintergänse; fern am Horizont ein fahler
Schein, wie ein gespenstisches Auge dieser wilden Nacht: dort
liegt Berlin, die funkelnde Stadt mit ihrem Lichtermeer. — Ein
Dorf in praller Sonne; Akazien mit ihrem lichtgrünen Sonnen-
laub leiten hinein und weben ihren üppigen Duft darüber; aber
die breite schattenlose Fahrstraße ist tiefer Sand mit groben Fahr-
geleisen, man fühlt nach, wie die Pferde hier schwitzen müssen;
dunkelgrüne Moosdächer steigen über alten rissigen Bretterzäunen
auf, aber in jedem Gärtchen dahinter ragt ein großer, hochstämmiger
Baum spanischen Flieders, im Maienzauber ein einziger violetter
Blumenstrauß; ein schwerfälliger Gemeindebackofen und eine
magere Friedenseiche; zuletzt verträumt der Blick aus einem end-
losen Horizont von sandigen Kornfeldern; die Akazienalleen und
Hohlwege mit verwilderndem Flieder verlieren sich unter der
sengenden Mittagsglut schattenlos wieder hinein. — Eine Schilf-
insel, von allen Seiten ganz eingebettet im Rohr, vor dem sich
noch ein schaukelnder Ring von Wasserrosen dehnt, deren Nixen-
arme selbst einem modernen Motorboot gefährlich werden; Rohr-
spatzen lärmen mit unablässigen: Kirre Kirre Kitt Kitt; es riecht
nach Minze und Sumpf; von oben hängen Eichenzweige über
Stämmen, die, von: Alter zerborsten, halb versunken, zu kriecheirden
Ungetümen geworden sind; Efeu spinnt sich hinein; wenn der
feuchte Seewind in diesem unentwirrbar verfilzten Pflanzen-
märchen raunt, erzählt er von einem alten Zauberer, dem Gold-
macher Kunkel, der vor Jahrhunderten hier gehaust hat.
Die ersten, die diese Bilder bewußt entdeckten, meinten
noch, sie müßten sie erst noch mit historischen Erinnerungen auf-
färben, allein mit ihrer Naturkraft trügen sie sich nicht; so hat es
Theodor Fontane noch geglaubt. Heute braucht man sich nicht
mehr leise ins Ohr zu flüstern, daß die Mark doch schön sei. Aller-
dings ist es nützlich, sich an ein Stück Geschichte dabei zu erinnern,
aber nicht an menschliche Kriege und Träume, sondern an ein
Stück Geschichte dieser Natur selbst. Berlin liegt in einem unge-
heuren vorzeitlichen Flußtal. Was sich heute noch an wirklichen
kleinen Wasserflächen und Wasseradern durch das alte Sandbett
des Riesen spinnt, ist nur ein verzwergter Rest. Nie hat dieser Strom
aber die Lieblichkeit unserer echten deutschen Gebirgsflüsse besessen.
Weit vor ihm, in einem Morgenrot der Dinge, grünte ja auch
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146
spieligkeit mit Len Worten: „Ich bin zu alt und will es meinem
Sohn überlassen." Friedrich der Große trat nach dem zweiten
Schlesischen Kriege diese Erbschaft seines Vaters an. Im Jahre
1746 wurde mit der Arbeit begonnen; sie wahrte bis 1753, „ein
siebenjähriger Krieg in der Stille". Zunächst verschaffte man der
Oder, deren Wasser zum größten Teil in der heutigen Alten Oder
dahinströmte, einen schnelleren Abfluß, indem man ihr ein neues
Bett in gerader Linie von Güstebiese nach Hohensaathen grub,
das noch nicht halb so lang ist wie das alte. Sodann erhielten
die neue und die alte Oder tüchtige Dämme znm Schutze des Landes
vor Überschwemmungen. Endlich baute man Kanäle, die im Verein
mit der alten Oder für die Entwässerung des Sumpfbodens
sorgten. Freilich mußten, ehe er ertragfähig ward, noch Rodungen
und andere Arbeiten vorgenommen werden, die ebenfalls große
Summen kosteten. Auf dem trockengelegten Boden wurden
Dörfer und Domänen angelegt. In die neu eingerichteten Acker-
wirtschaften setzte der große König fleißige Kolonisten ans der
Pfalz, aus Schwaben, Franken, Westfalen, Mecklenburg, Polen
und Österreich. Der Ton- und Lehmboden war so fruchtbar,
daß die Leute in kurzer Zeit mühelos reich wurden. Friedrich
der Große konnte daher später mit Genugtuung sagen: „Hier
hab' ich ein Fürstentum erobert, zu dessen Erwerbung ich keines
Soldaten bedurft habe."
7. Noch heute ist das Oderbruch einer der gesegnetsten Striche
unseres Vaterlandes. Wenn man von den begrenzenden Höhen
hinabblickt auf die wogenden Gersten- und Weizenfelder, auf die
blühenden Breiten des Rübsens, auf die grünen Kartoffel-, Tabak-
und Zuckerrübenschläge, auf die frischen Wiesen mit ihren präch-
tigen Rinderherden, auf die zahllosen sauberen Einzelgehöfte
und die schmucken, volkreichen Dörfer mit ihren Spiritus-, Stärke-
und Zuckerfabriken, dann segnet man das Andenken Friedrichs.
Man müßte ihn, hätte er während seiner langen Regierung weiter
nichts erreicht als die Urbarmachung des Oderbruchs, schon des-
halb unter die Wohltäter des Menschengeschlechtes rechnen. Die
zahlreichen Dörfer erscheinen wegen der Parkanlagen der größeren
Güter, der fruchttragenden Obstgärten der Gehöfte und der
Weiden- und Pappelreihen an den Dämmen und Abzugsgräben
von der Höhe aus wie in einem großen Garten liegend. Da gibt
es kein Strohdach mehr. Der rote Ziegel lacht überall aus dem
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrichs
Autor: Janke, Otto, Berthold, Ludwig, Reinecke, Hermann
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Regionen (OPAC): Berlin
Es kam ein Schiff aus fernen Meeren zum Hafen, gerade
zu der Zeit, als der erste Schnee fiel. Ein Mann stieg ans
Land und rief: „Grüß' euch Gott, Schneeflocken! Ich habe euch
feit langer Zeit nicht gesehen! Im fernen Lande scheint die
Sonne zu heiß; dort ist ewig glühender Sommer. Die Bäume
und Blumen haben keine Ruhe und die Menschen auch nicht.
Die übergroße Hitze bringt ihnen bei der Arbeit Fieber und
schlimme Krankheit. O, was gäbe einer wohl für eine Hand
voll eiskalter Schneeflocken! Ich war auch matt und krank; jetzt
wird alles wieder gut!" Der Mann ging durch den Schnee
nach dem Häuschen, in dem seine Mutter wohnte. Die Schnee-
stocken hatten den Weg sauber bestreut wie am Festtage. — Vor
dem Hause hatte das kleine Brüderchen einen Schneemann ge-
baut und fuhr auf dem Schlitten. Der Mann sah es über den
beschneiten Zaun und warf dem Briiderchen als Gruß einen
großen Schneeball in den Schoß. „Grüß' Gott, lieber Bruder!
Als der Schnee schmolz, zog ich von dannen; jetzt, mit dem neuen
Schnee, bin ich wieder daheim!" —
Da hört es draußen zu schneien aus. Die Sonne scheint
auf die drei Schneeflocken am Fenster. Sie schmelzen zu einem
einzigen Wassertropfen zusammen. Die Sonne scheint wärmer;
da ist der Waffertropfen verdunstet und wieder hinauf in die
Wolke gezogen. Er wird mit ihr weiter reisen, wieder zu Schnee-
flocken werden und auch andern Kindern hübsche Geschichten er-
zählen.
182. Der Schneemann.
Wilhelm Hey.
1. Seht den Mann! o große Rot!
lote er mit dem Stocke droht,
gestern schon und heute noch;
aber niemals schlägt er doch!
Schneemann, bist ein armer Wicht,
hast den Stock und wehrst dich nicht!
2. Freilich ist's ein armer Mann,
der nicht schlagen, noch laufen kann;
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164
griffen. Vergebens versuchte Soubife französische Künste; seine
Kolonnen wurden mit leichter Mühe auseinandergesprengt, und
nichts blieb übrig als eine allgemeine Flucht. Die Franzosen
sowohl als die Reichsvölker warfen ihre Gewehre weg, um sich
desto geschwinder retten zu können; nur einige Schweizerregimenter
fochten noch eine Zeit lang und waren die letzten auf dem Schlacht-
felde. Der Sieg war so geschwind entschieden worden, daß selbst
die Überwundenen nicht einmal auf die Ehre eines starken Wider-
standes Anspruch machten, sondern sich mit ihrem panischen
Schrecken entschuldigten; dabei unterließen die Franzosen jedoch
nicht, den Reichstruppen alle Schuld beizumessen. Viele einzelne
Züge vermehren die Merkwürdigkeit des Tages. Der König fand
auf dem Wahlplatze einen französischen Grenadier, der sich gegen
drei preußische Reiter wie ein Rasender verteidigte und sich nicht
ergeben wollte. Der Befehl Friedrichs machte diesem ungleichen
Kampfe ein Ende. Er fragte den Grenadier, ob er sich denn un-
überwindlich glaube; dieser antwortete: „Ja, Sire, unter Ihrer
Anführung." Der König ging auf dem Schlachtfelde umher und
tröstete die verwundeten französischen Offiziere, welche, gerührt über
diese Herablassung, ihn als den vollkommensten Überwinder be-
grüßten, der, nicht zufrieden, ihre Körper bezwungen zu haben,
nun auch ihre Herzen erobert hätte.
Alle deutschen Völkerschaften, große und kleine, ohne Rücksicht
auf Partei und eigenen Vorteil, freuten sich dieses Sieges über die
Franzosen, den man als einen Triumph des Vaterlandes ansah.
Diese Stimmung äußerte sich allenthalben, selbst auf dem Schlacht-
felde. Ein preußischer Reiter, im Begriff, einen französischen ge-
fangen zu nehmen, erblickt in dem Augenblicke, wo er Hand an-
legen will, einen österreichischen Kürassier hinter sich mit dem
Schwerte über seinem Kopfe. „Bruder Deutscher," ruft ihm der
Preuße zu, „laß mir den Franzosen!" — „Nimm ihn!" ant-
wortete der Österreicher und eilte davon. In ganz Deutschland
blieb die Niederlage der Franzosen lange im frischen Andenken,
und das Wort Roßbach tönte vom baltischen Meere bis zu den
Alpen ohne Ansehen des Standes allen Franzosen entgegen, die
man beschimpfen wollte.
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